Sunday, October 11, 2009

De tormentis translatoris

Geehrt durch die richtigen Freunde, deren Vertrauen in meine Fähigkeiten und vermutlich pures Glück (oder Gottes Lenkung, je nach Weltansicht) fiel mir vor einiger Zeit ein hübsches Paket in den Schoß, das sich bei näherer Betrachtung als gigantisches Geschenk mit elementär richtungsweisender Funktion entpuppte: Man frug mich, ob ich gewillt wäre mich mit der Übertragung von wissenschaftlichen Texten ins Englische zu beschäftigen.

Da mir sowas immer schon (also, seit ich halt halbwegs Englisch kann) Spaß macht und Übersetzen sowieso einen fixen Bestandteil in meinem Leben einnimmt (wobei man Latein ja auch "lesen" kann, wenn man gut genug ist/wäre...) habe ich natürlich voller Freude zugesagt und gleich mal die erste Portion erhalten.

Die Texte: gespickt von sportwissenschaftlichen und didaktischen Fein- und Eigenheiten
Die Zeit: oft sehr knapp

Klingt schwierig - ist es auch und diverse Sinnfragen kehren periodisch alle 5 Minuten wieder:

Warum muss man in Österreich (und vermutlich auch in Deutschland) so schrecklich kompliziert formulieren, damit das Ganze akademischen Anspruch hat? Kann man nicht ein paar Fremdwörter weglassen oder vereinfachen?

Soll ich jetzt versuchen, die österreichische Fachsprache so ins Englische zu übertragen oder soll ich lieber wild umformulieren und vereinfachen, um einen eher Englisch-typischen Text zu erzeugen?

Wo zum Teufel finde ich diese verdammten Vokabel? Die kennt man als Engländer scheinbar nicht...

Schön, wenn man dann endlich auf Englisch verfasste Bezugstexte findet. Noch schöner, wenn man feststellt, dass die von Leuten aus dem deutschsprachigen Raum geschrieben wurden! Damn. Interessiert die Engländer das Thema denn nicht? Oder hab ich die Texte nur nicht gefunden, weil ich nach zu exotischen Wortgruppen gesucht habe?

Nun, zum Glück gewöhnt man sich als Mensch recht schnell an die Gegebenheiten und nimmt sie ab einem gewissen Punkt einfach resigniert an und macht das Beste draus. In meinem Fall war das das Suchen und (hoffentlich erfolgreiche) Finden eines Mittelwegs zwischen schrecklich gestochenem und kaum decodierbarem österreichischem Fachsprachenenglisch und vereinfachtem, gut verständlichem Akademikerenglisch mit Hilfe zahlreicher (Online-)Wörterbücher, Lexika, Thesauri und the big dirty corpus (o-Ton einer Univ.Prof. bezogen auf Google). Nebenbei legt man sich dann schon einmal eine Liste an abstrusem Vokabular an, auf der der eine oder andere Begriff landet, den man sich durch fünfzehnminütiges Suchen hart erarbeitet hat und den man griffbereit halten will, weil man das ungute Gefühl hat, dass er noch ein paarmal auftauchen könnte.

Irgendwann hat man sich durch den gesamten Text durchgekämpft und ist schockiert davon, wieviel man im Wörterbuch nachschauen musste, denn die einfachsten Wörter liegen einem zwar auf der Zunge, sind aber äußerst lichtscheu und bevor man sie herauslocken kann, hat man oft schneller nachgeschaut: Es ist nicht leicht, zwischen zwei Sprachen hin und her zu springen und man (i.e. ich) verliert das Vertrauen in die eigene Sprachkompetenz sehr schnell.

Selbst, wenn man eben erwähntes Vertrauen doch nicht gleich verliert, wird es ein weiteres Mal bis in die Fundamente erschüttert und halb zum Zerbröseln gebracht, sobald man sich den mühsam fabrizierten Text hernimmt und zur Korrektur durchliest. Was da plötzlich für Abartigkeiten auftreten!! Man sollte es nicht glauben (Highlight ist eine Seite mit 25 blaugekennzeichneten Mängeln: und ich dachte ich kann auf Englisch halbwegs formulieren...).

Vielleicht bin ich ja ein bisschen masochistisch veranlagt, aber trotz allen angetroffenen Schwierigkeiten, dem vielen Fluchen und dem Wundsitzen meines Hinterteils - man braucht zum Ausgleich dann unbedingt Bewegung - muss ich sagen: Das macht Spaß! Und ich könnte mir wahrlich vorstellen, diese Tätigkeit auch weiterhin sehr rege auszuüben.

Mittlerweile sind auch meine Selbstzweifel beseitigt und meine Selbstachtung restlos wieder hergestellt, nicht zuletzt dadurch, dass der Auftraggeber mir mitgeteilt hat, dass er mit meiner Arbeit sehr zufrieden ist und mich fast im selben Atemzug gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte, in ein dauerhaftes Dienstverhältnis zu treten. Was ich natürlich nicht ausschlagen konnte.

Und so kam es, dass auch die vergangene Woche eine von Plackerei und Qualen und vielen Sackgassenmomenten geprägte war. Aber jetzt bin ich fertig und glücklich und bereit für Neues: Bring it on!

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